Altes Militärhospital

Audio-Podcast: 7:39 min.


Kennen Sie… das alte Militärhospital?

Über den Weg der Monolithe erreicht man zu Fuß oder mit dem Fahrrad in weniger als 1,5 km vom Forum im Campus 1 den Campus 2 der Universität Trier. Rechts und links des Weges sind Gesteine und Kunstwerke aus besonderen Steinen zu entdecken. Das weithin sichtbare Tor aus Carraramarmor weist den Weg über das Plateau. Schnell sichtbar wird dann das markante Gebäude, das seit den 1990er Jahren zur Trierer Universität gehört, das ehemalige französische Militärhospital.

Gebaut wird das Militärhospital André-Genet von 1960 bis 1963. Der Bau eines Lazaretts für französische Streitkräfte wird notwendig, nachdem die Lazarette in Kreuznach, Andernach, Mainz und Koblenz aufgelöst werden. Das Hospital ist in fünf Pflegeeinheiten gegliedert: Innere Abteilung, Infektionsabteilung, Chirurgische Abteilung, HNO-Abteilung sowie eine Augen- und Kieferabteilung. Insgesamt stehen hier 432 Betten zur Verfügung. Die Einrichtungen zur medizinischen Versorgung werden ergänzt um eine Kantine, eine Bücherei, ein Kino sowie eine Kapelle. In den Kellergeschossen sind Luftschutzräume untergebracht. Der mächtige, achtgeschossige Stahlbeton-Skelettbau des Hochtrakts präsentiert sich durch seinen exponierten Standort als weithin sichtbarer Fixpunkt. Alle Fenster, die hier talseitig zu sehen sind, gehören zu den Patientenzimmern. Geschützt werden die Räume mit für die 1960er Jahre typischem festinstallierten Sonnenschutz. Dadurch erhält die Fassade durch das wechselvolle Spiel von Licht und Schatten eine große Plastizität.

Von der anderen Seite fallen zahlreiche flache Anbauten ins Auge, die mit dem Bettenhaus verbunden sind. Hier befinden sich fachärztliche Dienste, die Verwaltung sowie Versorgungs- und Wirtschaftseinrichtungen. Zusätzlich entstehen ab 1960 in direkter Umgebung drei Schwesternwohnheime und weitere Servicegebäude. Außerhalb des Geländes werden vier Wohnhäuser für die leitenden Dienstkräfte des Krankenhauses errichtet.

Das Gebäude ist ein typischer Vertreter der französischen Baukunst der Moderne. Besonders bedeutsam ist der Bezug auf Le Corbusiers Unité d’habitation in Marseille, die von der französischen Regierung in Auftrag gegeben und 1952 eingeweiht wird. Das Hospital André-Genet stellt damit eine der wichtigsten Le Corbusier-Rezeptionen innerhalb der französischen Besatzungszone dar. Es wird als Lazarett für die französischen Streitkräfte in Deutschland genutzt.

Nach dem Abzug der französischen Truppen im Jahr 1990 beginnen im Rahmen der Konversion die Planungen für die Umnutzung zu universitären Zwecken. Bis 1996 dient das Hospital als Studierendenwohnheim. Die Anordnung und Größen der ehemaligen Krankenzimmer eignen sich für die Umwandlung zu Studentenwohnungen. Bis Ende 1993 entstehen hier 352 Wohneinheiten für die von Wohnungsnot betroffenen Studierenden in Trier – in den ehemaligen Krankenzimmern.

Außerdem wird das ehemalige Hospital der Ort für den Fachbereich Geographie. Die Operationsräume dienen dabei nahezu unverändert als Labore. Da das Gebäude zunächst nur angemietet wird, können nur Umbauarbeiten im Inneren für die Aufnahme eines geregelten Studienbetriebs aufgenommen werden. In den Flachbauten werden weitere universitäre Einrichtungen und auch die Mensa untergebracht.

Die ehemalige Kapelle stellt von Beginn an einen gesonderten Baukörper dar. Sie wird zum Hörsaal umfunktioniert. Die farbigen Kapellenfenster können erhalten werden, so dass auch weiterhin ein Teil der sakralen Raumwirkung erlebbar bleibt. Bis 1996 sind diese Maßnahmen abgeschlossen und auch der Verbindungsweg „Straße der Monolithe“ zur Universität auf dem Tarforster Plateau ist fertiggestellt.

Mit dem zweiten Konversionsschritt ab 2001 beginnt die Entwicklung des ehemaligen Hospitals zum Campus II der Trierer Universität. Die ehemaligen Hospitalgebäude werden nach langen Diskussionen von der Universität übernommen und dann im laufenden Betrieb für eine komplette universitäre Nutzung umgebaut. Hierfür müssen erst neue Studentenwohnheime zur Verfügung gestellt werden. Wesentlich für diesen zweiten Bauabschnitt ist nicht nur die passende Umnutzung der Räume, sondern vor allem auch die Gestaltung des Außenbereichs. Hier wird die umliegende Landschaft weitläufig modelliert. An der südöstlichen Seite des Hochtraktes entsteht ein künstlich angelegter kleiner See, der durch Regenwasser und den Tiefbrunnen des umgenutzten Atombunkers unter dem Hospital gespeist wird.

Hinter dem Hörsaalzentrum wird in Blickrichtung zum Hauptcampus ein Amphitheater mit einer Bühne samt technischer Ausstattung für Veranstaltungen unter freiem Himmel geschaffen. Im Winkel zwischen Flachtrakt, Kapelle und neuem Hörsaalzentrum wird ein platzartiger Innenhof mit Sitzmöglichkeiten und neu gepflanzten Bäumen angelegt. Durch seine Lage ist dieser neue Platz prädestiniert für ein Kommunikationszentrum und markiert den Haupteingangsbereich des Komplexes.

Heute wird der Hochtrakt überwiegend für Büros und Seminarräume genutzt, wobei allein zwei der sieben Stockwerke mit Laboren ausgestattet sind. In dieser zweiten Bauphase wird der Hochtrakt entkernt, so dass die neue Raumaufteilung passend für die geplante Nutzung ausfallen kann. Das ist nur deshalb möglich, da die Geschossdecken des Hospitals so ausgeführt sind, dass sie hoch belastet werden können und eine flexible Nutzung möglich machen. Auch deswegen kann ein zusätzliches Geschoss aufgesetzt werden, in welchem die Gebäudetechnik untergebracht ist. Dieses verschmilzt optisch mit dem Baukörper.

Heute ist die stilbildende Fassade mit einer Vorhang-Klimafassade verkleidet, hierbei ist die alte Rastereinteilung mit 30 Fenstern pro Geschoss weitgehend übernommen worden, so dass die Optik auch weiterhin an die bedeutenden Vorgängerbauten Le Corbusiers erinnert. Die Farbfassung mit grünen und blauen Pastelltöne sowie einem Lichtgrau wirken von weitem zurückhaltend, während ein kräftiges Rot einzelne Fassadenelemente betont und aus der Nähe sichtbar werden lässt. Der Campus II hat mit dieser Ausführung ein eigenes Gesicht erhalten. Kunst am Bau ist analog zum Campus I auch hier zu finden. Mit dem generator hat das Fach Kunstgeschichte in der ehemaligen Heizkraftzentrale einen spektakulären Ausstellungsraum für die Präsentation von neuer Licht- und Medienkunst etabliert.

Alle Kunstwerke des Campus I und des Campus II sind am besten zu entdecken mit der App „KunstCampus“ oder dem Faltplan auf der Website der Universität. Hier erfährt man die genauen Orte, Wissenswertes zu den Künstlern und deren Ideen.

Die Informationen zu diesem Podcast stammen zum größten Teil aus den Aufsätzen von Angelika Glesius und Andrea Klein aus dem Band: Auf der grünen Wiese. Die Universität Trier. Architektur. Kunst. Landschaft, Trier 2004. Zur Vertiefung sei das Buch wärmstens empfohlen!

 

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