Ordenskommende

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Kennen Sie… die Ordenskommende?

Ordenshaus_Wappen-300x191Wie ein kleines Schloss steht es mitten in der Stadt. Ein Weg führt unter Bäumen und an Wiesen vorbei auf ein prachtvolles Portal zu. Mit seinem umgebenden Mauern und Zäunen wirkt es im Areal der Trierer Berufsbildenden Schulen wie ein vergessenes Kleinod. Ursprünglich als Sitz des Deutschen Ordens errichtet, beherbergen das Haus und seine beiden Nebengebäude aus dem 18. Jahrhundert heute verschiedene Institutionen aus Bildung und Kultur.

Trier. Seit 1242 ist in Trier ein Ordenshaus des Deutschen Ordens bezeugt. Der Ritterorden entstand in Folge der Kreuzzüge des 12. Jahrhundert und breitete sich schnell im heutigen Mitteleuropa aus. In der Blüte der Aktivitäten der Deutschordensritter entstanden um das Jahr 1300 zahlreiche Backsteinburgen im Deutschordensland, dem späteren West- und Ostpreußen. Berühmtestes Beispiel ist die Marienburg (1309-1454), der größte Backsteinbau Europas in der polnischen Stadt Malbork. Auch ein halbes Jahrhundert später noch bauten die jahrhundertelang karitativ und politisch machtvollen Deutschordensritter groß und unübersehbar.

Im Heiligen Römischen Reich gliederte sich der Orden territorial in einzelne Balleien, also Verwaltungseinheiten auf, die von einem Landkomtur geleitet wurden. Genau ein solcher Sitz befand sich für die Ballei Lothringen seit 1295 in Trier. In den Ordenskommenden lebten sowohl Ritter, Priester als auch Laien ein klösterliches Leben. Im Trierer Deutschen Orden fanden sich vornehmlich Angehörige der Trierer führenden Familien, von denen zahlreiche Stiftungen belegt sind. So geht auch der Standort der Ordenskommende am Trierer Schießgraben auf eine Schenkung des Trierer Schöffen und Deutschherren Jakob von Oeren aus dem Jahr 1294 zurück. Im Jahr 1305 wurde ihn Trier auch eine Kirche des Deutschen Ordens errichtet, welche über Jahrhunderte hier stand und erst 1803 nach der Aufhebung der Kommende abgebrochen wurde. Schon nach der Reformation löste sich das gemeinschaftliche Leben im Deutschen Orden auf, die Hauptaufgabe bestand von nun an im Militärdienst. Mit dem Ende des Dreißigjährigen Kriegs begann ab 1648 eine Phase des Neubeginns – vor allem architektonisch. Nicht nur der Hauptsitz in Mergentheim wurde mit Schloss und Kirche ausgestattet, auch die regionalen Verwaltungssitze wurden erneuert.

In Trier errichteten die Trierer Deutschherren, wie sie auch genannt wurden, um 1731 auf dem von der Familie Oeren überlassenen Gelände einen zweigeschossigen Neubau, der durch elf Achsen gegliedert ist. Das barocke Gebäude ist mit einem für damalige Verhältnisse modernem Mansarddach gedeckt. Besonders hervorgehoben wird die Mittelachse aus unverputztem Sandstein und einem prachtvollen ornamentierten Eingangsportal. Über der Türe befindet sich das Wappen des ab 1701 hier residierenden Landkomturs auf dem Wappen des Deutschherrenordens, einem schwarzen Kreuz auf silbernem Grund. Das oben liegende Wappen zeigt nochmals das Ordenskreuz in zweifacher Ausführung sowie das Wappen der Familie Stein-Kallenfels mit einem laufenden Löwen auf grünem Untergrund. Über dem Fenster des ersten Geschosses findet sich schon auf Höhe des Daches ein weiteres Wappen unter einem geschweiften Giebel. Das farbenfroh gefasste Schild ist das des damaligen Hochmeisters des Deutschen Ordens, Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg, der auch Fürstbischof von Trier und Mainz war.

1762 ließ der Landkomtur Boos von Waldeck rund um das Gebäude einem großen Park anlegen, der zudem noch mit Statuen ausgestattet wurde. Das freistehende Haupthaus wurde zum Mittelpunkt einer Gesamtanlage mit dem noch heute vorhandenen dazugehörendem Wirtschaftsgebäude sowie einer Orangerie, die südwestlich im rechten Winkel zur Kommende erbaut wurde. Ursprünglich wird hier der Marstall vermutet, ein repräsentativer Pferdestall. Anlehnend an das Hauptgebäude wird auch die Mittelachse betont, hier durch ein Wappen in einer verspielten Kartusche sowie einem von Vasen und Voluten verzierten Zwerchhaus auf dem Dachsims.

Der dritte zur Kommende gehörende Bau ist das sogenannte Ökonomiegebäude, welches bereits seit Beginn der Deutschordenszeit in Trier deren Domizil war, wie aus der Oeren-Schenkung zu ersehen ist. Direkt an die Stadtmauer angebaut liegt es parallel zur Orangerie und besitzt im südlichen Teil einen Gewölbekeller aus dem 13. Jahrhundert. Das langgestreckte Haus wurde im Jahr 1661 aufwändig repariert und renoviert, worüber die Inschrift auf dem Wappenrelief auf der Ostseite Auskunft gibt. 1856 baute der königliche Bau-Inspector Johann Georg Wolff einen zweigeschossigen Anbau mit vier Achsen an das bestehende Gebäude an. Dieser Anbau ist im Gegensatz zu dem älteren Gebäudeteil in beiden Etagen mit Fenstern ausgestattet und passt sich in seinem Formen der barocken Architektur des Hauptgebäudes an. Genutzt wurde er als Garnisonsbäckerei des inzwischen im Hauptgebäude residierenden Garnison-Provinzialamtes. Nach der französischen Revolution nämlich löste sich der Orden im Zuge der Säkularisierung auf. Heute existiert der Deutsche Orden als geistlicher Orden mit etwa 1000 Mitgliedern in Deutschland, Belgien, Tschechien, Österreich und Italien, in Trier existiert kein Konvent mehr.

Die seit Anfang 2002 unter Denkmalschutz stehenden drei Gebäude des Deutschen Ordens werden zum größten Teil auch heute noch genutzt. Nach schweren Kriegsschäden entkernte man das Hauptgebäude im Inneren und stellte es 1955 wieder her, so dass hier nur zwei Jahre später die Sonderschule einziehen konnte. Heute bildet hier die Berufsbildende Schule für Ernährung, Hauswirtschaft und Sozialpflege aus. Und auch das Ökonomiegebäude an der Stadtmauer dient einer kulturellen Aufgabe. Während in dem älteren Teil ein Kulissenlager des Trierer Stadttheaters untergebracht ist, dürfte die alte Garnisonsbäckerei am Schießgraben vielen Trierern noch als Ort des Jazz-Clubs bekannt sein. Noch in diesem Sommer wird wieder Musik durch die zwei Etagen hallen, wenn die villaWuller ihren Club in den Räumen mit den alten Jazzkonzertplakaten im Flur eröffnet. Schon bei der Designfusion 2011 wurden die Räume für eine Ausstellung genutzt.

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