Neuer jüdischer Friedhof

Audio-Podcast: 8:35 min.


Kennen Sie… den neuen jüdischen Friedhof?

Trier ist einer der Orte, an denen die ältesten Judensiedlungen in Deutschland nachgewiesen sind. Und so gibt es auch schon immer Orte für die Toten.

Der neue jüdische Friedhof in Trier ist bereits der vierte Ort, an dem die toten jüdischen Bürger begraben werden: aus Quellen kennen wir mittelalterliche Grabstellen am heutigen Hauptmarkt und im Bereich heutigen Viehmarkts in der Nähe der Jüdemer Straße. Noch erhalten ist der Friedhof an der Weidegasse, der bis 1922 belegt wird. Heute ist der Trierer Hauptfriedhof der Ort, an dem die jüdischen Mitbürger ihrer Toten gedenken.

Bis ins frühe 20. Jahrhundert sind die Trierer jüdischen Friedhöfe traditionsgemäß immer eigenständig, ähnlich den Friedhöfen größerer Pfarreien oder Stadtteile. Der jüdische Friedhof in der Weidegasse ist im frühen 20. Jahrhundert wegen der Spanischen Grippe 1918-1920 überbelegt. Und auch ist die Lage inmitten der im Laufe der Zeit gewachsenen Wohnbebauung nicht mehr passend, so dass die jüdische Gemeinde nach einen neuen Ort Ausschau hält.

1920 entschließt sich die jüdische Gemeinde, ein 6.000 Quadratmeter großes Gelände von den Vereinigten Hospitien zu kaufen, Das Gelände liegt nördlich des Hauptfriedhofs und wird als neuer Friedhof genutzt.

Der Hauptfriedhof ist heute einer von 17 Friedhöfen in Trier. Als Größter liegt er im Norden der Stadt, zwischen Zurmaiener- und Herzogenbuscher Straße sowie den Straßen Am Stadion und An der Hospitalsmühle.

Nach jüdischem Verständnis sind Friedhöfe keine toten Orte, sondern Orte der Ewigkeit. Ein jüdischer Friedhof gilt als „Haus des Lebens“ oder „Haus der Ewigkeit“. Gräber dürfen nicht beseitigt werden, denn die Grabesruhe soll auf ewig gesichert sein. Den Verstorbenen gebührt Hochachtung.

Die Grabstätten

Seit 1921 sind hier um die 300 Grabstellen entstanden. Bis 1941 werden hier 136 Erwachsene und 15 Kinder beigesetzt. 1941 beschlagnahmen die städtischen Machthaber den Teil, der noch nicht belegt ist und nutzen ihn für Kriegsgräber. Der jüdische Teil bleibt während der NS-Zeit zum Glück bestehen, in anderen Städten werden jüdische Friedhöfe oftmals dem Erdboden gleichgemacht.

Mehr als 400 jüdische Frauen, Männer und Kinder aus Trier werden zwischen 1941 und 1943 in Konzentrationslager deportiert, in denen sie fast ohne Ausnahme ihr Leben verlieren. Wer die Stadt nicht frühzeitig verlassen kann, wird ermordet. Nur 14 Personen überleben und kommen nach Trier zurück. Ab 1945 kann der Friedhof von der kleinen neu gegründeten jüdischen Kultusgemeinde weiter genutzt werden.

Den nicht benötigten Platz – etwa Dreiviertel des einst gekauften Geländes – verkauft die Gemeinde im Jahr 1945 an die Stadt Trier. Mit dieser Fläche kann der Hauptfriedhof erweitert werden. Durch die Zeitläufte ist der jüdische Friedhof heute wunderbarerweise in den Hauptfriedhof integriert!

Der jüdische Friedhof auf dem Hauptfriedhof ist zweigeteilt. Auf dem älteren Teil befinden sich die Grabstätten aus den Jahren 1922 bis 2008. Alle seit 2008 Verstorbenen werden auf einem neuen Gräberfeld ganz in der Nähe bestattet. Denn seit 1990 ist die Zahl der Gemeindemitglieder durch den Zuzug aus Osteuropa wieder so gestiegen, dass ein neuer Bereich entstanden ist, der sich jetzt etwas weiter nördlich befindet.

Die meisten Gräber auf dem älteren Teil des jüdischen Friedhofs auf dem Hauptfriedhof sind Einzelgräber, denn jeder Jude hat Anspruch auf sein eigenes Haus für die Ewigkeit. Familiengräber gibt es auch, sie sind aber eher eine Ausnahme. Inzwischen haben sich einige Familien auch der christlichen Tradition angepasst. Dies ist in der Ausgestaltung der einzelnen Grabstätten zu beobachten.

Traditionell sind die Grabstellen einfache Steine, die an die Gesetzestafeln erinnern, wie wir sie auch aus der Weidegasse kennen. Am oberen Rand steht auf Hebräisch rechts und links neben dem Davidsstern „Hier ist geborgen bzw. begraben“. Es folgen der Name und die Lebensdaten des Toten sowie eine Lobpreisung. Ganz unten schließt der Grabstein meist mit dem Spruch „Seine/ihre Seele möge eingebunden sein in das Bündel des Lebens.“

Im Laufe des 20. Jahrhunderts werden die Grabstätten teilweise größer und auch aufwändiger ausgestaltet. Wenige Ornamente zeigen symbolische Bilder, wie die segnenden Hände der Hohepriester aus dem Hause David.

Typisch auf jüdischen Friedhöfen sind die kleinen Steine, die auf die Gräber gelegt werden. Sie erinnern daran, dass die Verstorbenen früher direkt an Ort und Stelle begraben worden sind. In der Wüste hat man Felsspalten oder Höhlen mit großen Steinen verschlossen, damit die Leichname vor wilden Tieren geschützt waren. Jeder auch heute noch abgelegte Stein bedeutet weiterhin Schutz und erinnert an die Geschichte.

Das Mahnmal für die Opfer der Gewaltherrschaft

Wie zum Beispiel am Platz „An der alten Synagoge” und an der Stelle des ehemaligen Bischof-Korum-Hauses (Ecke Sichel-/Rindertanzstraße) in der Innenstadt von Trier befinden sich auch auf dem neuen jüdischen Friedhof Denkmäler, die an die Verbrechen erinnern, die unter der Herrschaft des Nationalsozialismus an den Juden Triers und des Trierer Landes verübt wurden.

Zwei Denk- und Ehrenmäler befinden sich auf dem jüdischen Bereich des Trierer Hauptfriedhofs bzw. in dessen unmittelbarer Nähe. Das Denkmal für die Opfer der Gewaltherrschaft 1933-1945 ist eine der ausdrucksstärksten Plastiken, die in Trier zu finden ist. Der Trierer Bildhauer Michael Trierweiler (1908-1998) gewinnt 1948 einen von der Stadt Trier ausgeschriebenen Wettbewerb, um an die Opfer der jüngst überwundenen Gewaltherrschaften zu erinnern. Trierweiler, dessen Atelier nur wenige Schritte vom Standort der Plastik entfernt gelegen hat, kennt den Aufstellungsort sicher gut, er selbst hat sich 1998 ganz in der Nähe selbst beerdigen lassen.

Auf einem schlichten Backsteinsockel zeigt Trierweiler einen auf einem Bein knieenden nackten Mann. Dessen gesamte Haltung ist fassungslos und dennoch energisch. Auf ihm lastet das gesamte Leid der Unterdrückten. Mit geballten Fäusten trotzt er der Demütigung, ist in sich gekehrt, nachdenklich und schutzlos. Doch die im gespannten Körper innewohnende Energie ist allzeit bereit, aufzustehen gegen jede Gefahr, die da kommen könnte. Bei der Einweihung im Jahr 1950 sind nur wenige Gäste vor Ort, für das Rahmenprogramm findet sich kein Musikverein.

Die Nacktheit der Bronzefigur passt nicht ins gängige Bildprogramm der beginnenden Fünfziger Jahre. Das Friedhofsamt soll sogar größere Bepflanzungen anlegen, um den Blick auf den Körper zu bedecken.

Das Mahnmal der jüdischen Kultusgemeinde

Ein weiteres Mahnmal wird nur vier Jahre später inmitten des jüdischen Areals des Friedhofs errichtet. Die jüdische Kultusgemeinde lässt dieses vom Trierer Steinmetzmeister Melchisedech anfertigen. Nach jüdischem Ritual eingeweiht wird es am 9. Mai 1954 vom Dortmunder Oberrabbiner und unter dem Beisein zahlreicher Trierer Bürger und offizieller Vertreter. Neben dem Davidsstern sind zwei Inschriften zu lesen:

,,Den Opfern der Verfolgung aus Trier und Umgebung zum Gedenken. Den Lebenden zur Mahnung. 1933-1945.”

Auf der Rückseite findet sich in hebräischer Sprache ein Text, der, frei ins Deutsche übersetzt, sehr viel vehementer lautet. Er unterscheidet sich in seinem Inhalt deutlich von dem deutschen Spruch:

Zum Gedenken an die während der Herrschaft der verbrecherischen Bosheit Ermordeten aus der Heiligen Gemeinde von Trier und Umgebung. Das Volk soll es hören und sehen und soll in Zukunft nicht mehr Böses tun.

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