Kloster St. Afra

 Audio-Podcast: 6:56 min


 Kennen Sie… das Kloster St. Afra?

St. AfraSeit dem Mittelalter gehörte das Kloster St. Afra zur Domimmunität des Trierer Bistums. Die kleine Frauengemeinschaft in der heutigen Liebfrauenstraße erhielt im 18. Jahrhundert einen Neubau mit eigenem Gotteshaus. Eine Inschrift erinnert an die Geschichte des Hauses, das später auch ein Mädchenwaisenheim und eine Schule beherbergte. Bis heute sind das Klosterportal sowie das Langhaus der Kirche in der Architektur zu erkennen.

Die heilige Afra war der Legende nach die Tochter eines zyprischen Königs. Nach dessen Tod kamen Afra und ihre Mutter über Rom nach Augsburg und beide Frauen arbeiteten dort als Prostituierte. Der spanische Bischof Narcissus suchte das Freudenhaus während seiner Flucht auf und bekehrte die Damen. Die Christin Afra wurde daraufhin verfolgt und starb als Märtyrerin. Je nach Legende wurde sie um 304 verbrannt oder an einem Baumstamm gebunden enthauptet. Zahlreiche Kirchen, Schulen, Bildungsinstitute oder auch Apotheken tragen St. Afra im Namen und sogar ein Bier aus Meißen nennt sich nach der Heiligen.

In Trier wird ein der Afra geweihtes Frauenkloster erstmals im Jahr 1271 erwähnt, existiert hat es wohl schon länger. Die Ordensfrauen hatten die Aufgabe, erkranktes Dienstpersonal des Domkapitels zu versorgen und zu pflegen. Die Trierer Steuerliste nennt etwa 100 Jahre später neun Beginenhäuser in Trier, darunter auch die Gemeinschaft St. Afra. Es war die Blütezeit der neu entstehenden Klöster, Stifte und religiösen Gemeinschaften. Die zuerst in lockerer Gemeinschaft lebenden Frauen von St. Afra schlossen sich zu Beginn des 15. Jahrhunderts als Dritter Orden den Franziskanern an. Neben einem Männer- und einem Frauenkloster bestand deren dritte Einrichtung aus den Tertianerinnen. Diese Laien orientierten sich an den Ordensregeln des heiligen Franziskus von Assisi und setzten diese innerhalb ihrer Lebenswelt um. Neben ihrer Tätigkeiten für die Angehörigen des Bistums versahen die Laienschwestern auch Kranken- und Totenwärterdienste in der Stadt. Diese Verbindung wird auch in der Architektur deutlich. Genau zwischen dem Kloster und der Kirche befindet sich ein Bogen zur gegenüberliegenden Häuserzeile. Hier war die Grenze zwischen dem Dombering, einer eigens befestigten Stadt innerhalb der Stadt Trier, in der die Geistlichen und Angestellte der Kirche lebten.

In der Barockzeit erhielt das Kloster einen Neubau, was wir anhand der Inschrift über dem reich verzierten Eingangsportal nachlesen können. In den großen Buchstaben des Textes verbirgt sich auch das Baujahr. Das Chronogramm hat folgenden Text: „funditus eri gebatur honori dei divi francisci et s. afrae patronae“, was bedeutet: „Von Grund auf wurde es errichtet zu Ehren Gottes, des heiligen Franziskus und der Schutzpatronin, der heiligen Afra.“ Die hervorgehobenen Großbuchstaben sind lateinische Zahlenwerte. Addiert ergeben die Buchstaben D für 500, C für 100 und das I für eins das Erbauungsjahr des Gebäudes, welches noch heute steht. Die insgesamt sehr schlichte Fassade wird erst durch den aufwändig gestalteten barocken Eingang zu einem besonderen Gebäude. Das Portal ist mit übereck gestellten Pilastern, Voluten, Segmentgiebeln und mächtigen Gesimsen dreistufig gegliedert. In der zuoberst liegenden Kartusche befindet sich der Text mit verschlüsselter Nennung der Entstehungszeit.

Im Jahr 1728 baute der Architekt und Franziskanerbruder Odericus Weiler das eigentliche Klostergebäude und Richtung Dom die etwas zurückversetzt liegende Kirche St. Afra. Das aufwändig gestaltete Portal führte am südlichen Gebäudeteil direkt in der ersten der sechs Achsen in das Kloster herein. Das dreigeschossige Gebäude hatte einen weiteren rechtwinklig anliegenden Flügel. Etwas zurückversetzt befand sich direkt im Anschluss daran entlang der Straßenflucht Richtung Domfreihof das Langhaus der Kirche St. Afra. Die einschiffige Kirche war etwa 14 Meter lang und 8 Meter breit. Vier imposante Pfeiler mit attischen Basen und ionischen Kapitellen haben einst das Langhaus der Kirche St. Afra gegliedert. Die Klosterkirche hatte drei großformatige Rundbogenfenster, deren Form noch heute die ursprüngliche Nutzung des Gebäudes verraten. Seit dem Mittelalter und auch zur Bauzeit im 18. Jahrhundert war es üblich, dass Kirchen keine freistehenden Gebäude waren, sondern in die Straßenarchitektur eingefügt wurden.

Das ehemalige Kirchenportal befand sich im dem ersten Joch ganz links. Die Außenmauern sind bis heute noch vorhanden, die Bauten selbst wurden aber nur kurz für ihren eigentlichen Zweck genutzt. Eine Quelle im Diözesanarchiv beschreibt, dass das Kloster wegen wirtschaftlicher Zerrüttung und Verfalls der Disziplin im Jahr 1785 auf kurfürstlichen Befehl von Clemens Wenzeslaus hin aufgehoben wurde – nur knapp 60 Jahre nach dem Neubau der Anlage. Der Kurfürst übertrug das Klostergebäude 1788 der Stiftung der lothringischen Baronin Franziska von Kickler, die in der Hosenstraße bereits das Mädchenwaisenhaus „Zur Goldenen Sonne“ führte. Die Einrichtung zog komplett in die Johannisstraße. Aufgenommen wurden hier Trierer Kinder, deren Anstaltskleidung aus braunem Wolltuch, Schuhen und Wollstrümpfen bestand – eine für die damalige Zeit sehr gepflegte Ausstattung. Knapp 20 Mädchen lernten hier Nähen, Stricken und Spinnen und verließen das Haus mit Vollendung des 18. Lebensjahres. Unter Napoleon wurde das Waisenhaus nach St. Irminen verlegt. In den Räumlichkeiten fand von 1851 bis 1879 dann die höhere Töchterschule der evangelischen Gemeinde einen Raum. Eine Fotografie aus dem Jahr 1928 zeigt das Haus mit Werbung für „Möbel L. Sachse“, heute ist hier ein Spielzeugwarenladen.

Das Kirchengebäude wurde bereits 1809 versteigert und diente als einem Magazin und für Wirtschaftsräume. Aus dem hohen Kirchenraum wurde angelehnt an das Kloster schließlich ein ebenfalls dreigeschossiges Haus. Die hohen Kirchenfenster wurden hierfür unterteilt und eine Decke eingezogen.

Teile Architektur-Geschichte!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert